Medienwissenschaftliche Untersuchung der Berichterstattung zum 2. Mai 2022
Studierende der Medienwissenschaften an der Universität Paderborn untersuchten im Rahmen eines Seminars die Berichterstattung vom Mannheimer Morgen über den 2. Mai 2022. Dafür analysierten sie 73 Artikel, die zwischen dem 2. Mai 2022 und dem 12. Mai 2023 auf https://mannheimer-morgen.de veröffentlicht wurden. Darunter fielen kurze Nachrichten, aber auch längere Reportagen und Interviews sowie Kommentare der Redaktion. Videos und Fotoreihen konnten bei der Untersuchung nicht berücksichtigt werden.
Direkt am 2. Mai 2022 und an den Tagen danach wurde über die Tat, die gemeinsame Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft sowie über die Demonstrationen berichtet. Nach der Veröffentlichung des vorläufigen und des endgülGgen Gutachtens erschienen weitere Artikel, ebenso rund um die Kundgabe der geplanten Anklageerhebung gegen die Polizisten sowie am ersten Jahrestag des Todes von A.P. am 2. Mai 2023. Die meisten der untersuchten Artikel stammten von Lisa Wazulin, der sog. „Polizeireporterin“ des Mannheimer Morgen. Im Rahmen des Seminars haben die Studierenden die Gelegenheit zu einem Austausch mit Frau Wazulin über ihr journalistisches Selbstverständnis und ihre Arbeit zum 2. Mai 2022.
Die drei zentralen Ergebnisse der Untersuchung der Studierenden sind:
Der Fokus der Berichterstattung liegt auf der Perspektive der Polizei.
Die Polizei bekommt in den Artikeln den meisten Raum zur Darstellung ihrer Perspektive. Dagegen kommen Zeug_innen, Angehörige und zivilgesellschaftliche Organisationen kaum zu Wort. Die Pressemeldungen der Polizei und der Behörden werden häufig unkritisch übernommen und auch im Nachhinein nicht explizit korrigiert, wie z.B. die angebliche Herzinsuffizienz von A.P. oder der Zeitpunkt seines Todes. Auch wird ausführlich auf die psychische Belastung der Polizeibeamt_innen eingegangen, während A.P. als Mensch unsichtbar bleibt.
Der 2. Mai wird als Einzelfall dargestellt.
In den Artikeln wird der Tod von A.P. kaum kontextualisiert. Nur vereinzelt finden sich in der Berichterstattung Hinweise auf andere Tote durch Polizeigewalt. Obwohl kurz nach A.P. eine weitere Person bei einem Polizeieinsatz in Mannheim zu Tode kam und es auch bundesweit immer wieder zu tödlicher Polizeigewalt kommt. Auch wird die gewaltvolle Geschichte der betroffenen H4-Wache nicht erwähnt. So erscheint der Tod von A.P. als Einzelfall.
Die häufige Erwähnung der psychischen Krankheit und des Migrationshintergrunds von A.P. erscheint ambivalent.
Sowohl der Migrationshintergrund als auch die psychische Krankheit von A.P. werden in den Artikeln ständig erwähnt. Dabei bleibt unklar, wofür diese Informationen relevant sind. So können sie als Hinweise darauf gelesen werden, dass von A.P. eine Gefahr ausginge und damit die Gewalt der Polizei legitimiert werden. Dagegen wird kaum beleuchtet, welche Rolle Ableismus und Rassismus in der Gesellschaft und bei der Polizei für den Tod von A.P. gespielt haben können. Psyche und Ethnie der betroffenen Polizisten bleiben unerwähnt.