Nebenklage erklärt Befangenheit der Gegengutachter im Marktplatz Prozess gegen zwei Polizeibeamte
Der Anwalt von Ante P.s Schwester reichte heute Anträge auf Befangenheit ein.
Dr. Betz sei selbst das Beweismittel und dürfe nicht rechtlich werten und auch keinen wertenden Blick einnehmen. Vor Gericht wertete Dr. Betz psychisch kranke Menschen ab.
Dr. Stein warf er vor, Aussagen von Zeugen, insbesondere dem behandeltem Arzt von Ante P. und der Gutachterin Dr. Yen, abzuwerten. Ihr Gutachten wies außerdem widersprüchliche Todesursachen auf.
Initiative 2. Mai: „Die Gutachter der Verteidigung versuchen maximale Zweifel zu sähen und verteidigen die Polizei um jeden Preis. Allein die Brutalität des Polizeieinsatzes ist ausschlaggebend für Ante P.s Tod.“
Die Initiative 2. Mai dokumentiert die Prozesstage auf ihrer Webseite und beschreibt die fragwürdigen Methoden der beiden Gegengutachter: Dr. Betz, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Friedrich-Alexander Universität Erlangen, fiel vor allem durch seine menschenverachtende Sprache über mehrgewichtige Menschen und Menschen mit Schizophrenie, auf. Faktoren, wie die Fixierung am Boden, schließe er als Todesursache aus – schließlich würden „dicke Menschen am Strand auch auf dem Bauch liegen können, ohne dass gleich der Notarzt kommt“. In dieser Aussage leugnet er die Tatsache, dass ein Mensch gefesselt auf dem Boden lag, während ihm Blut in Mund und Nase lief und ein Polizeibeamter auf seinem Rücken saß. „Schizophrene sind mit Vorsicht zu genießen“ sagte er weiter, sie seien bekannt für „Tötungsdelikte und Suizide“. Diese Aussage bestätigt die Einschätzung der Initiative 2. Mai: Es herrscht die Einstellung vor, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen das Zusammenleben in einer Gesellschaft „stören“ würden. Dr. Betz entmenschlicht Ante P. und schließt den Zusammenhang zwischen dem brutalen Polizeieinsatz und Ante Ps. Tod aus. Dr. Stein, Fachärztin für Rechtsmedizin, zog für ihre Untersuchung ein Handyvideo eines Zeugen heran. Da sie technische Probleme hatte das Originalvideo auf ihren Rechner zu übertragen, filmte sie dieses mit ihrem Handy kurzerhand selbst ab. Sie machte darin eine rötliche Färbung in Ante P.s Gesicht aus bevor er am Boden fixiert wurde. Dieses Argument zieht sie heran um als Todesursache Herzversagen zu beweisen. Die Initiative sieht hier ein dreifaches Versagen: Zum einen ist die Qualität des untersuchten Videos, sowie die Methode fragwürdig und zum anderen blieb in der Untersuchung unerwähnt, dass die Beamten Ante P. zu Beginn ihres Einsatzes Pfefferspray ins Gesicht sprühten, was ebenfalls rötliche Verfärbungen hervorrufen kann.
Die erste Gutachterin der rechtsmedizinischen Untersuchung Dr. Yen, die Ärztliche Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Uniklinik Heidelberg, benannte den Einsatz der Polizeibeamten als Todesursache. Ante P. habe sich in einem „Todeskampf“ befunden. Dr. Yen verwies am vorangegangenen Prozesstag auf eine wissenschaftliche Studie, die ähnliche Todesfälle bei Polizeieinsätzen untersucht. Die Verteidigung stellte daraufhin einen Befangenheitsantrag den sie heute wiederholt und ausgebaut hat.
Zusammenfassungen und Einschätzungen der einzelnen Prozesstage können abgerufen werden unter: https://initiative-2mai.de/Prozessbeobachtung.html.
Kontakt: info@initiative-2mai.de